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Dezember

Das fraglos zeitloseste und konkurrenzlos wichtigste Werkzeug – nicht nur im Orgelbau – habe ich Ihnen und mir bis zuletzt aufgehoben: es ist am mühsamsten und schmerzhaftesten in der Anschaffung, steigert sich aber dafür mit der Zeit kontinuierlich in seinem Wert.

Erraten Sie es?

Erst wer viele Instrumente gesehen und kennengelernt hat, wer an vielen Fragen und Problemen gearbeitet, aus seinen und den Fehlern anderer gelernt hat, wer Entwicklungen und ihre Folgen beobachtet hat, und so über Jahre Schätze sammeln konnte, wird in  der Lage sein, außergewöhnliche und beständige Leistungen zu erbringen.

Ohne Zweifel – ein reicher Erfahrungsschatz ist auch im Orgelbau unbezahlbar! Und er zahlt sich aus: für alle, die ihn in Anspruch nehmen!

Nachsatz:  Der Begriff der „Orgel“ stammt aus dem Griechischen (ργανον órganon) und bedeutet nichts anderes, als „Werkzeug, Instrument, Organ“.

Orgeln sind „Werkzeuge“ zur Verherrlichung Gottes!  – Soli Deo Gloria –

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November

Es gibt sie tatsächlich: die erstaunlichen traditionellen Handwerkspraktiken – Arbeitsweisen, die über die Jahrhunderte nahezu gleich geblieben sind! Nicht aus glorifizierenden nostalgischen Gefühlen heraus, sondern durch Bewährung. Sie sind durchdacht und dauerhaft erprobt, und bis heute durch nichts Besseres zu ersetzen.

Bekümmerlich ist, dass einiges an Gutem uns bereits verloren gegangen ist, weil es in unserer schnelllebigen Zeit „unwirtschaftlich“ geworden ist, so dass – und das darf erstaunen – in manchen Punkten die Qualität früherer Orgeln nicht mehr erreicht werden kann!  Das stimmt mich nachdenklich. Sie auch?

Nichtsdestotrotz führen viele neuere, zumeist technische Entwicklungen zur deutlichen Verbesserung und Vereinfachung aufwändiger Arbeiten. Oben lernen Sie unseren geduldigen „einarmigen Helfer“ im Tastenhalten kennen. Musste früher für Stimm- und Intonationsarbeiten immer eine Person über Stunden, Tage, manchmal Wochen hinweg auf Kommando des Orgelbauers die entsprechen-den Tasten gedrückt halten, so übernimmt dies heute – ferngesteuert und unermüdlich – unser anspruchsloser Gefährte.

Ähnlich hat die Einführung von Orgelgebläsen allen Orgelspielenden grenzenlose Übungszeiten, und den früheren Bälgetretern, den „Calcanten“ unzählige Freistunden beschert!

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Oktober

Das scheinbar konfuse Gebilde zeigt die Draufsicht einer computerunterstützen Konstruktionszeichnung einer Windlade.

Konstruktionsprogramme für technische Zeichnungen tragen bahnbrechend zur verbesserten Planung und Darstellung von Orgelneu- und Umbauprojekten bei. Besonders komplizierte technische Problemlösungen lassen sich auf diese Weise flexibel bearbeiten, an andere Projekte anpassen, und bei Bedarf vervielfältigen.

Für besonders präzise arbeitende Bauteile werden derartige Zeichnungen in sehr großen Firmen mitunter direkt zur Ausführung an eine CNC-Maschine weitergeleitet. Ein schöner Nebeneffekt ist die Möglichkeit einer authentischen dreidimensionalen Darstellung eines geplanten Projektes.

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September

Im Bild vorn sehen Sie zwei Holzgewindeschneider. Die beiden werden immer wieder zur Anfertigung für die individuellen Holzschrauben für Windladen-verschlüsse oder Stockschrauben benötigt. Die originalen Holzschrauben wurden oft im Laufe der Zeit vom Wurm beschädigt, sind irgendwann abgebrochen oder verloren gegangen. Orgelbauer sind oft in der Situation sich für spezielle Problemstellungen eigens Werkzeuge anfertigen oder anpassen zu müssen. Nicht seltendienen diese dann nur für einzelne Projekte. Das erklärt sich von selbst, wenn man bedenkt, dass jede Orgel ein Unikat ist, und ihre Erbauung oft Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte zurückliegt!

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August

Es bedarf viel „guten Zuspruchs“ ehe eine Pfeife ihren wahren Klang preisgibt. Denjenigen, der ihr Geheimnis mit viel Fingerspitzengefühl aus ihr heraus kitzelt, nennt man „Intonateur“. In der Regel handelt es sich hierbei um einen Menschen mit unerhörter Geduld.

Es gibt unheimlich viele Stellen an denen eine Pfeife sensibel reagiert: das Labium, der Kern, eventuelle Bärte, das Fußloch, der Aufschnitt usw.. Ein Intonateur widmet sich jeder dieser empfindlichen Stellen – bei jeder Pfeife. Er schiebt und schlägt, streichelt und drückt seine Pfeifen solange, bis sie zueinander klingen und den Raum mit dem Klang erfüllen, der ihm vorschwebt. Er arbeitet heraus, ob eine Pfeife laut klingt oder leise, schrill oder sanft, warm oder hell, mark-erschütternd oder engelsgleich. Durch oft winzige Veränderungen an seinen Pfeifen formt er Farben und Klänge, und malt so in sisyphusgleicher  Beharrlichkeit ein rundes, vielfältiges, erhabenes und ausstrahlendes Gesamtbild.

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Juli

Damit eine Orgel in unseren Ohren „sauber“ klingt, „stimmt“ der Orgelbauer die Tonhöhen der einzelnen Pfeifen genau aufeinander ab. Dazu benötigt er neben guten Ohren und viel Geduld zuallererst ein Stimmgerät,das die absolute Tonhöhe der Orgel festlegt, das kann z.B. eine Stimmgabel sein.

Da die wenigsten Instrumente jedoch genau auf a‘=440 Hz gestimmt werden, da Temperaturwechsel im Raum beständige Änderungen der Tonhöhe hervorrufen, und einige Orgeln historische Stimmungen aufweisen, haben sich elektronische Stimmgeräte durchgesetzt, die die verschiedenen Parameter (Temperatur, absolute Tonhöhe, Stimmungsart etc.) berücksichtigen. Labiale Orgelpfeifen zu stimmen bedeutet immer, ihre klingende Länge zu verändern. Lange Pfeifen klingen tief, kurze Pfeifen hoch, zugedeckte Pfeifen klingen eine Oktave tiefer usw..

Neue Labialpfeifen sind immer erst einmal zu lang und werden Stück für Stück gekürzt, bis sie die richtige Tonhöhe erreicht haben. Zur Feinabstimmung werden offene Metallpfeifenmündungen nach außen oder innen gewölbt („gekulpt“), darüber hinaus gibt es die unter-schiedlichsten Stimmvorrichtungen: Stimmrollen, Stimm-schieber,  Spunde, Hüte mit Röhrchen, Deckel etc. die der Orgelbauer mit „Stimmhörnern“, Hämmerchen, Zangen usw. filigran bearbeitet, bis jede Pfeife möglichst genau zu allen anderen stimmt.

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Juni

Die Besonderheit jeder Orgel sind und bleiben doch ihre Pfeifen. Über Jahrhunderte hinweg haben sich hunderte verschiedener Register entwickelt. Inzwischen gibt es die unterschiedlichsten Bau-formen und Klangfarben! Aus dem Blickwinkel des „Herstellers“ sind es drei Pfeifengruppen, die es zu unterscheiden gilt.

Diese sind dabei in Ihrer Anfertigung so grundverschieden, dass man von drei völlig unabhängigen Fachbereichen sprechen kann:

1. Zungenpfeifen werden von den allermeisten Orgelbaufirmen direkt von exklusiv darauf aus-gerichteten Firmen bezogen.

2. Der Holzpfeifenbau fällt ins tischlerische Ressort.

3. Für die Herstellung von Metallpfeifen benötigt man viele spezielle Maschinen, Werkzeuge und Fähigkeiten. Zuerst werden aus Metalllegierungen (i. d. R. Zinn-Blei) lange Platten gegossen. Diese werden auf Stärke gehobelt, zugschnitten und in Form gebracht. Die einzelnen Teile werden schließlich kunst-handwerklich miteinander verlötet. Damit eine Pfeife am Ende tatsächlich klingt, müssen eine Menge Parameter – oft im halben Millimeterbereich -eingehalten werden.

Wenn man sich vorstellt, dass schon kleinste Abweichungen enorme Auswirkungen auf den Klang der Pfeife haben, bekommt man ein Gefühl für die Präzisionsanforderungen an einen Pfeifenbauer und sein Werkzeug!

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Mai

Ein ebenso exklusives, wie nützliches Werkzeug für den Orgelbau ist die vorn abgebildete Federzange. Die allermeisten Orgeln werden in althergebrachter Art und Weise mechanisch traktiert, d.h. das Drücken einer Taste der Klaviatur öffnet über eine ausgeklügelte mechanische Konstruktion aus Leisten (Abstrakten), Wellen und Wippen ein Tonventil in der Wind-lade, das dann genügend Luft für die gewünschten Pfeifen freigibt. Dieses Ventil wird je nach Bauart durch eine Spiral- oder Schenkelfeder verschlossen gehalten, solange niemand die entsprechende Taste betätigt. Diese Schenkelfedern in die Windlade einzubauen, ist eine recht mühsame Angelegenheit und verlangt – wie so vieles im Orgelbau – Geduld und Finger-spitzengefühl. Je enger die vielen Tonventile beieinanderliegen, umso schwieriger gestaltet sich das „Einfädeln“ der unter Spannung stehenden Feder in die entsprechenden Fixierungs-schlitze oder -löcher. – Hier liegt der unschätzbare Wert dieses so unscheinbaren Werkzeugs…

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April

Der durch die Orgel strömende „Wind“ ist ein ganz eigenes Kapitel. Er kann an verschiedenen Instrumenten ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen. Zuallererst ist er es, der den vielen „Mündern“ der Orgel – den Pfeifen -ihre Töne und Klänge entlockt. Zuweilen tut er dies mit „Hochdruck“, wie es in romantischen Orgeln gelegentlich der Fall ist , manchmal aber auch etwas zittrig und „asthmatisch“ (windstößig), wenn dem Instrument auf dem umständlichen „Luftweg“ vom Balg zu den Pfeifen hin und wieder die Puste ausgeht.

Auch manche Trakturen funktionieren mit Luft. Beim Betätigen einer Taste löst dann ein Luftstrom das Öffnen der Ventile zu den Pfeifen aus. In diesen „pneumatischen“ Orgeln findet man ein komplexes System aus Kupfer- oder Bleirohren, kleinen Bälgchen oder Membranen. Auch „Rohreverlegen“ gehört also zu den Aufgabenbereichen eines Orgelbauers.

Ein ganz besonderes „Windwerkzeug“ ist die Windwaage (siehe vorn) – ursprünglich ein U-förmig gebogenes Glasrohr (s. Abbildung), in dem sich Wasser befindet. Sie misst den Winddruck in mm Wassersäule. Das ist wichtig, denn bei einem falschen Winddruck streikt jede pneumatische Traktur und die feinfühligen Orgelpfeifen schreien oder heulen, dass einem Hören und Sehen vergeht!

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März

Strenggenommen sind Orgeln ja nichts anderes als Blasinstrumente. Das erklärt, warum zum Abdichten von Bälgen, Windleitungen, Ventilen, Verschlüssen usw. so viele verschiedene Sorten Leder benötigt werden. Es gibt dünne Spaltleder und dicke Rinderleder, Schafleder, Ziegenleder… rauhes und glattes, grobes und feines, besonders dichtes und besonders robustes Leder (z.B. für Geräuschdämpfungen der Klaviaturen).

Wie Holz ist Leder ein Naturmaterial und entsprechend individuell in seiner Beschaffenheit. Verschiedene Gerbverfahren verleihen den Ledern zudem unter-schiedliche Eigenschaften. Beispielsweise verursachen Leder bestimmter Gerbungen an Berührungsstellen mit Metallteilen verstärkte Korrosion, z.B. im Bereich von Trakturdrähten, Schrauben oder Bleipulpeten. Manche Gerbarten verhelfen allerdings auch zu einer gewissen Resistenz gegen Nässe, denn Leder verträgt weder Feuchtigkeit, noch direkte Sonneneinstrahlung.

Orgelbauer arbeiten mit speziellen Ledermessern, die auch das Schneiden und „Anfasen“ von Rundungen ermöglichen. Oft arbeiten wir mit duftendem Warmleim (vorn als bernsteinfarbenes Granulat abgebildet) oder anderen flexiblen, Klebstoffen. Mit Bürsten und Pinseln lassen sich lederne Oberflächen reinigen und aufrauhen und erhalten so ggf. ihre dichtende Wirkung zurück. Talkum und spezielle Konservierungsmittel halten die Leder geschmeidig bzw. schützen sie vor Pilzbefall.

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